Absolutely Queer: Die Kampagne

Im Sommer 1991 nahm eine politische Guerilla-Kampagne in den USA ihren Anfang, initiiert von zwei miteinander liierten AIDS Aktivisten aus San Francisco 1.

Sie druckten die Gesichter bisher ungeouteter, aber in der Szene als schwul oder lesbisch bekannter Personen des öffentlichen Lebens auf Plakate und untertitelten sie mit dem Schriftzug: Absolutely Queer. Schnell fanden diese Kampagne und die queer-politische Idee einer Befreiung durch das Outing Prominenter ihren Weg auch nach Europa und nach Deutschland.

Ziel war hierbei ausdrücklich nicht die Diffamierung der geouteten, sondern der offensive, politische Befreiungsschlag und die damit verbundene mediale Aufmerksamkeit. Besonders homosexuellen Jugendlichen sollte so geholfen werden, durch prominente Vorbilder mehr Selbstbewusstsein zu entwickeln 2.

Sicherlich machten die Aktivisten auch ihrem Ärger darüber Luft, dass gerade diejenigen Lesben und Schwulen mit der größten medialen Reichweite über ihre Homosexualität in der Öffentlichkeit schwiegen. Natürlich oft aus der berechtigten Furcht heraus, dass ein Coming Out ihre Karriere beschädigen könnte.

Bekannte englischsprachige Ziele der Kampagne waren – neben dutzenden anderen – etwa Jodie Foster oder Boy George, aber auch Tom Selleck (der vermutlich gar nicht schwul ist 3).

Jemanden gegen seinen Willen zu outen ist natürlich erst einmal ein aggressives Vorgehen, welches in der schwulen und lesbischen Szene dieser Zeit nicht nur wohlwollend aufgenommen wurde – trotz der für viele vermutlich spürbar befreienden Wirkung. Man stellte sich vielleicht vor, wie es für einen selbst wäre, etwa am Arbeitsplatz oder im Familienkreis geoutet zu werden.

Rosa von Praunheim auf dem heißen Stuhl.
Rosa von Praunheim auf dem heißen Stuhl, Quelle: RTL

Am 10.12.1991 erreicht das Thema Zwangsouting dann endgültig die breite Öffentlichkeit in Deutschland: In der damals recht populären RTL-Talkshow Der heiße Stuhl outet Rosa von Praunheim vor laufender Kamera Hape Kerkeling und Alfred Biolek als schwul.

Ich wusste, so etwas ist unanständig. So etwas machen nur Schweine.

Aber Kerkeling und Biolek haben später gesagt, dass sie befreit sind, dass das Versteckspiel vorbei ist.

Rosa von Praunheim

Die Bild titelte damals scheinheilig: Pfui, Rosa! Schwulen-Verrat im TV. Und der Moderator der Sendung, Ulrich Meyer, sprach im Nachgang davon, dass er sich noch während der Sendung bemüht habe, das Gesagte zu relativieren – es sei aber unumkehrbar gewesen 4, 5.

Tatsächlich hat das Outing beiden, Kerkeling und Biolek, in ihren Karrieren nicht geschadet.

Fußnoten

  1. Quelle ist hier ein Blogartikel: Queerest. Library. Ever. – Curator Jim Van Buskirk’s Favorite Things (engl.)
  2. Siehe Wikipedia zum Stichwort: Outing
  3. Hierzu ein Artikel im Celebrity Magazin The Things: How The Tom Selleck is Gay Rumor Actually Started (engl.)
  4. Ein Artikel auf Queer.de blickt mit uns zurück: „Sowas machen nur Schweine“: 30 Jahre Promi-Outing
  5. Und auch im SWR gibt es zu dem Thema ein Zeitwort: 10.12.1991: Rosa von Praunheim outet schwule Promis

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