Ncuti Gatwa

Ein schwuler Doktor Who und seine trans Begleiterin

Der kommende Doktor, gespielt von Ncuti Gatwa, wird der erste schwule Doktor der Serie sein. Und seine Begleiterin, gespielt von Yasmin Finney, die erste Transperson in einer so prominenten Nebenrolle.

Die Fernsehserie

Die britische Fernsehserie Doctor Who wird im Königreich bereits seit 1963 ausgestrahlt. Erzählt wird die Geschichte eines zeitreisenden Außerirdischen (der aber aussieht wie ein Mensch) – genannt „der Doktor“ – der vor allem auf der Erde, aber auch im fernen Weltraum, und natürlich in Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft seine Abenteuer erlebt.

Die Serie hat bei vielen Zuschauern inzwischen Kultstatus erreicht: Zum einen sicher wegen der oft sehr hohen Qualität der erzählten Stoffe, zum anderen aber wohl auch, weil die Serie schon so lange läuft. Inzwischen gibt es 39 Staffeln: 26 in der klassischen Serie und 13 in der neuen Serie – nach fast zehn Jahren Pause hatte die BBC den Doktor 2005 nämlich wiederbelebt.

Um über einen so langen Zeitraum immer dieselbe Titelfigur verwenden zu können, bediente sich die BBC eines Kniffs: Der Doktor stirbt nicht wirklich, wenn er stirbt, sondern er regeneriert. Die neue Inkarnation sieht dann anders aus – weil es ein anderer Schauspieler ist – trägt andere Kleidung, hat andere Charaktereigenschaften und andere Vorlieben.

Der Doktor und seine Begleiter

Seit der allerersten Folge reist der Doktor nicht allein, immer sind ein oder mehrere Begleiter dabei – zunächst seine Enkelin, später dann fast ausschließlich menschliche Begleiter. So wie die Darsteller in der Rolle des Doktors ständig wechseln, so gibt es auch immer wieder neue Begleiter – manche auch über seine Inkarnationen hinweg.

Fast immer wird auch die Beziehung zwischen dem Doktor und Begleiter beleuchtet und sie ist nicht selten auch Gegenstand oder Startpunkt eines Abenteuers. So manches Mal gab es wenigstens eine romantisch konnotierte Freundschaft zwischen dem männlichen Doktor und seiner weiblichen Begleitung – das Spektrum reichte dann bis hin zu einer Liebesbeziehung und Heirat.

Queere Repräsentation bei Doctor Who

Die neue Serie (seit 2005) begann mit der neunten Inkarnation des Doktors und an seiner Seite, als einer der Begleiter, war Captain Jack Harkness (gespielt von John Barrowman): Ein Mensch des 51. Jahrhunderts, ehemaliger Agent der Time Agency, pansexuell und sehr flirtfreudig. Seine Beziehung zum Doktor blieb jedoch freundschaftlich, ohne einen romantischen Aspekt.

Damaliger Showrunner und damit Neuerfinder von Doctor Who war Russell T. Davies, der u.a. für das britische Original von Queer as Folk (bereits 1999) als Produzent und Drehbuchautor verantwortlich war. Später schrieb er weitere schwule Serien wie Cucumber (2014) und Banana (2015) bis hin zu It’s a sin (2021).

Daher ist die queere Repräsentation sicher nicht nur zufällig oder zeitgeistig in Doctor Who hineingeraten. Mehr aber war damals, wie gesagt 2005, wohl einfach nicht drin in einer Serie, die die BBC im Familienprogramm platzierte. Insbesondere kein schwuler Doktor.

Die Begleiterin der 12. Inkarnation des Doktors, Bill Potts (gespielt von Pearl Mackie) war offen lesbisch, was aber (meiner Erinnerung nach) kaum in die Geschichten mit ihr einfloss, eher tell als show, wie man so sagt. Man mag mich hier gerne korrigieren.

Aktuell – 17 Jahre nach Captain Jack Harkness – ist die Serie am Ende der 13. Inkarnation des Doktors angekommen und der war / die war zum ersten Mal eine Frau (gespielt von Jodie Whittaker) und damit das erste Mal nach 12 Inkarnationen kein weißer, heterosexueller CIS-Mann (nichts gegen weiße, heterosexuelle CIS-Männer, David Tennant etwa war ein toller Doktor).

Die letzte Staffel mit dem 13. Doktor war – was Zufall ist – ebenfalls die 13. der neuen Serie und die hat sich – nach wechselnden Showrunnern – inzwischen etwas müde gelaufen. Die Bücher wurden schlechter, die Geschichten uninteressanter, die Doktoren eindimensionaler (so nehmen es jedenfalls viele der Fans wahr) und nun soll Russell T. Davies die Serie erneut retten. In der 14. Staffel ist er erneut als Showrunner am Start und nun bekommen wir mit Ncuti Gatwa nicht nur einen schwulen, schwarzen Doktor, sondern mit Yasmin Finney auch noch eine trans Begleiterin.

Nebengeschichte: Offenbar gab es bei dem aktuellen Doktor eine „traurige, hoffnungslose Romanze“ zwischen ihr und ihrer aktuellen Begleiterin Yaz 1. Das möchte ich nicht unterschlagen. Da diese Staffel in Deutschland aber erst im kommenden Monat (auf Bluray) erscheint, ist mir das bisher entgangen, würde mich aber sehr freuen.

Ncuti Gatwa als schwuler Doktor ..

Im Sommer diesen Jahres (2022) hat Neil Patrick Harris, der gerade seinen Dreh für Doktor Who in Wales abgeschlossen hatte, gegenüber Variety bestätigt, dass der kommende, von Ncuti Gatwa gespielte Doktor, schwul sein werde 2.

Ob dies allerdings über ein tell hinausgeht, bleibt abzuwarten – allerdings erwarte ich von Russell T. Davies deutlich mehr als ein plumpes Queerbaiting.

Ncuti Gatwa selbst ist durch seine Rolle als Eric Effiong in Netflix-Serie Sex Education bekannt geworden – einer der beliebtesten Figuren der Serie, schwul und mit einer Vorliebe für Drag.

Über sein Beziehungsleben und seine eigene sexuelle Orientierung gibt Gatwa allerdings keine Auskunft 3.

.. und Yasmin Finney als seine trans Begleiterin

Bereits ein paar Wochen vor dem Outing des kommenden Doktors durch Neil Patrick Harris hatte Yasmin Finney auf dem Trans Pride in London über ihre eigene Rolle gesprochen: Ihre Figur, eine mögliche Variation der früheren Begleiterin Rose Tyler, sei im Drehbuch als Transfrau angelegt 4.

Wer wissen möchte, wie die Dame aussieht, der findet hier ein Bild von ihr. Ich habe leider keines gefunden, dass ich rechtlich einwandfrei in diesen Artikel hätte einbetten können.

Bekannt ist bisher nur, dass Finney ihre Rolle in einem mehrteiligen Special spielen wird, welches noch vor der Regeneration in den von Gatwa dargestellten Doktor stattfindet (übrigens erneut mit dem wunderbaren David Tennant in der Rolle als Doktor, gewissermaßen als kurze Zwischeninkarnation nach Whittaker und vor Gatwa). Ob diese Rose Tyler – einigen Spekulationen folgend – dann auch Begleiterin von Gatwas Doktor sein wird und damit dann Doktor und Begleiterin zur selben Zeit queer geschrieben wären, das ist noch nicht bekannt. Jedenfalls mir nicht.

Yasmin Finney selbst wurde bekannt durch ihre Rolle als Elle Argent in der Serie Heartstopper.

Fußnoten

1. Diese Information stammt aus einem sehr anrührenden Artikel von Annette Pryce in The Queerness: Queer representation in Doctor Who: Conversations with my 13 year old self (engl.)
2. Quelle ist hier ein Bericht von CBR: Confirmation of First Gay Doctor Promises a Queer Era of Doctor Who (engl.)
3. Laut einem Bericht jedenfalls auf news.de: Ncuti Gatwa privat: Freund oder Freundin? Darüber schweigt der „Sex Education“-Star (der Titel ist hier Programm)
4. Hier berichtete ebenfalls CBR: Doctor Who 60th Anniversary Star Emphatically Confirms Her Rose Is Trans (engl.)

Das Artikelbild steht unter der Creative Commons Attribution 3.0 Unported Lizenz, wurde auf YouTube unter einer CC Lizenz hochgeladen und von mir bearbeitet.

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